Prof. Joachim Schellnhuber hatte für die weitere Erforschung von CCS plädiert und damit Widerspruch herausgefordert. Da der Klimawandel nicht aufzuhalten ist, erscheint es aber notwendig CCS zu verteidigen, da wir eine Methode brauchen um CO2 wieder aus der Atmosphäre zu entfernen. Diese Verteidigung bezieht sich aber nicht auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung, der viel zu oberflächlich ist. Kohle- und andere fossile Kraftwerke sind mit CCS auch nicht zu rechtfertigen.

Kohlenstoffspeicherung im Boden; Foto: rsukiennik; Lizenz: CC-BY-SA
Schellnhuber kommt es sicher nicht darauf an, ob CCS (Carbon Capture and Storage) in Form von Terra-Preta-Erde erfolgt oder in Form von Holzkohle, welche in Bergwerken gelagert wird, oder ob Kohlenstoff eben als Kohlendioxid verpresst wird.
Ihm geht es, so verstehe ich ihn jedenfalls, vor allem darum den Kohlenstoff zu speichern und der Atmosphäre zu entziehen. CCS wird zwar vornehmlich im Zusammenhang mit der Abscheidung von in Kohlekraftwerken entstandenem CO2 verwendet, heißt aber wörtlich übersetzt „Kohlenstoff einfangen und speichern“. Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen. Z.B. sind im Wikipedia-Artikel zum CCS auch unterschiedliche Methoden beschrieben, wenn auch nur kurz und am Ende. Neben der, in der Diskussion vor allem gemeinten, Kohlenstoff-Sequestrierung durch Verflüssigung des im Kraftwerk erzeugten CO2, wäre auch das Erzeugen von Holzkohle, z.B. bei der Holzpyrolyse, möglich, was aber einfach nur eine andere Form von CCS ist. (Das Pyrolysegas des Holzes könnte dann chemisch oder energetisch genutzt werden.) Abgeschiedenes CO2 könnte auch in Form von Calera-Zement gespeichert werden, so wie es die Firma Calera macht. Terra-Preta-Erde verwendet Holzkohle und ist somit auch nur eine andere Form des CCS.
Vorab: Kohlekraftwerke sollten auf keinen Fall gebaut werden. Für sie ist CCS keine Lösung, denn es wird durch diesen Vorgang bei der Energie-Erzeugung sogar mehr CO2 erzeugt, wie ohne CCS, da ein Teil der produzierten Energie für die CO2-Abscheidung benötigt wird und entsprechend mehr erforderlich ist. Dieses CO2 existiert, auch dann wenn es unterirdisch verpresst wird, und da die Abscheidung nicht vollständig ist, entweicht weiterhin ein Teil des Treibhausgases in die Luft und weil es immer eine gewisse Leckrate bei solchen unterirdischen Gaslagern gibt, wird CO2 auch im Laufe von Jahren, Jahrzehnten oder Jahrhunderten wieder in die Lufthülle gelangen.
Schellnhuber ist Klimawissenschaftler und er sieht natürlich, wie es bergab geht: Gegenwärtig gibt es überhaupt keine Chance die große Klimakatastrophe aufzuhalten, da statt weniger immer mehr Treibhausgase emittiert werden und weil die ersten Kipp-Punkte bald überschritten werden. Ein Beispiel für so einen kippenden Kipp-Punkt ist der Verlust des Nordpolareises, was ja in wenigen Jahren Realität wird. Wenn es, im Sommer, verschwunden ist, reduziert sich die Albedo der Region und die dunklen Wasserflächen nehmen mehr Wärme auf, d.h. die Erde erwärmt sich noch schneller. Weitere Kipp-Punkte sind Methan- und Kohlenstoffvorkommen, die im Permafrost eingeschlossen sind, aber mit zunehmender Erwärmung in die Atmosphäre gelangen, weil der Permafrost schmilzt. Methan ist aber ein 25-mal so starkes Treibhausgas wie CO2. Man kann sich die verschiedenen Kipp-Punkte wie Dominosteine vorstellen, die nicht mehr aufzuhalten sind, wenn sie erstmal angestoßen wurden. Dies sind nur Beispiele. Es gibt viele solcher Tipping-Points. Oberhalb von 2 Grad Celsius ist eine katastrophale Erderwärmung deshalb sehr wahrscheinlich nicht mehr zu stoppen, da der Mensch dann keinen Einfluss mehr auf die Abläufe hat, wenn die Dominosteine erst mal kippen. Die Zwei-Grad-Grenze wird aber mit ziemlicher Sicherheit überschritten werden, daran gibt es kaum noch einen Zweifel, denn statt weniger Treibhausgase werden immer mehr in die Atmosphäre geblasen und anstatt aufzuforsten gehen jährlich Waldflächen die größer sind als die Fläche der irischen Insel und Belgiens zusammen in Flammen auf oder werden gerodet.
Darum erscheinen Klimawissenschaftler wie Schellnhuber so verzweifelt (und darum bin auch ich so verzweifelt), dass sie CCS zur Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre anwenden wollen. Sein Vorschlag ist folgendermaßen. Biomasse nimmt das CO2 aus der Atmosphäre auf, wird dann zur Energie-Erzeugung – in Biomasse-Kraftwerken – verwendet und der Kohlenstoff wird abgeschieden.
Kohlenstoff lässt sich in Form von Holz speichern, in den Wäldern. Forste und Wälder nehmen aber nur noch wenig Kohlenstoff auf, wenn sie ausgewachsen sind. Dann könnte das alte Holz entnommen werden und Schonungen weichen, die wiederum der Atmosphäre CO2 entziehen. Das entnommene Holz kann dann für Holzprodukte verwendet und in diesen gespeichert werden. Holzhäuser, Möbel, Papier, alles ist gespeicherter Kohlenstoff in einer mehr oder weniger sinnvollen Form. Man könnte Holz (oder Holzkohle) auch in ausgekohlten Kohleflözen einlagern, aber so viele Kohleflöze gibt es nicht auf der Erde, wie notwendig wären. Holzhäuser speichern Kohlenstoff über Jahrhunderte, ebenso wie Möbel (im Prinzip - nicht in der Realität). Am Ende ihrer Nutzungsdauer könnte das Holz dann zu Wärme- und Schalldämmplatten verarbeitet werden oder zu anderen Recyclingprodukten. Erst wenn diese auch verbraucht sind könnten sie zu Pellets verarbeitet werden. Papier ließe sich wohl sinnvoller aus Hanf herstellen. Bücher wären somit auch ein Kohlenstoffspeicher, weil sie jahrelang "gespeichert" werden. Also, Holz muss immer kaskadierend verarbeitet werden, von hochwertiger zu geringwertiger Nutzung. Alles Formen von Kohlenstoffspeicherung die auch zu entwickeln sind.
Muss es erwähnt werden, dass Naturwälder erhalten bleiben sollen um der Biodiversitätskrise entgegen zu wirken? Sicherheitshalber tue ich es, also, alte Wälder müssen erhalten bleiben, denn alte Wälder bieten mehr Lebensraum für Tiere und Pflanzen wie Forste. Aber es gibt genug Land, welches degradiert ist und auf dem aufgeforstet werden kann.
Nun gibt es zwar Aufforstung, aber global überwiegt der Waldverlust. Jährliche Waldvernichtung auf Flächen die größer sind als die Flächen von Irland und Belgien zusammen, ist aber das Gegenteil dessen was geschehen muss um relevante Mengen von Kohlenstoff in der Vegetation zu speichern. Darunter die Wald-Zerstörungen um Plantagen und Felder für Agrartreibstoffe anzulegen und durch Brände in nordischen Wäldern, wie denen in Alaska oder jenen in Russland. Der Erhalt und die Vergrößerung der Wälder ist aber wesentlich um der Luft das CO2 wieder zu entziehen, denn wenn kein Wald zur Verfügung steht, um Holz in großen Mengen zu liefern, funktioniert das alles nicht. Wald- und Naturschutz sind erkennbar wesentliche Faktoren um ausreichend Schwarzerde herzustellen, oder Holz für Häuser, Möbel, Bücher oder auch für die Kohlenstoff-Sequestrierung in Holzkraftwerken.
Es sind also Risiken gegeneinander abzuwägen. Auf der einen Seite stehen hunderte Millionen bis Milliarden Tote aufgrund der Klimakatastrophe, auf der anderen Seite begrenzte Risiken durch regenerative Energien, Energie-Effizienz, Einspartechnologien (wie die Energiesparlampe) und CCS in den verschiedenen Formen. Es gäbe so viele Risiken zu vermindern, die sehr viel mehr Opfer kosten, wie es CCS an Opfern kosten könnte, z.B. technologische Risiken, wie das Autofahren. Autos kosten jedes Jahr 1,2 Millionen Menschen durch Unfälle das Leben und weiteren 3 Millionen durch von Abgasen ausgelöste Krankheiten. Im 20. Jahrhundert starben mehr Menschen durch Autos wie durch Krieg und Terror. Seit Ende des zweiten Weltkrieges gab es überhaupt kein Jahr mehr, in denen die Kriegstoten die Zahl der Autoopfer übertrafen, auch nicht zu Zeiten des Vietnam-Krieges. Autos sind die tatsächlich tödlichste Technik die je erfunden wurde, übrigens auch für die Tierwelt. Potenziell sind Atombomben tödlicher, aber tatsächlich erzeugten Autos mehr Opfer. Wenn man große Risiken vermeiden will sollte man hier ansetzen, vor allem, da der Autoverkehr eben auch zu den ungeheuren Opfern der Klimakatastrophe beiträgt.
Die menschliche Psyche ist offensichtlich gegenüber irrationalen Ängsten sehr viel empfänglicher wie gegenüber objektiv sehr großen Gefahren, wie dem Autoverkehr, dem Alkoholismus, dem Rauchen, der Übergewichtigkeit oder den Gefahren des Klimawandels. Die Risiken in einer CO2-Gassenke zu sterben sind dagegen äußerst gering. Entsprechende Untersuchungen mit natürlichen CO2-Quellen machen dies deutlich.
Das spricht natürlich nicht dagegen auch dieses Risiko zu verringern, z.B. auf CO2-Verpressung zu verzichten, wenn die Risiken, für bestimmte geologische Formationen oder zu dicht besiedelte Gebiete, als zu groß gegenüber der Problematik der Klimakatastrophe erkannt werden. Verpressung ist bestimmt nicht die beste Möglichkeit, wegen der bekannten Einwände, z.B. der unvermeidlichen Leckrate, der Möglichkeit der Grundwasser-Versalzung und anderer Risiken. Meine Präferenz läge daher auch bei Technologien wie der Calera-Zement-Herstellung, denn auf der anderen Seite produziert Zementproduktion ja auch sehr viel CO2, nämlich etwa 4% der globalen anthropogenen CO2-Emissionen. Da könnte man also den Effekt verdoppeln. Carbon speichern und Emissionen verringern. Auch die Schwarzerde-Produktion müsste wesentlich effizienter erfolgen, da die Kosten zur Zeit unerträglich sind.
Tatsächlich muss CO2 aber in ungeheurem Maße aus der Atmosphäre entfernt werden und es ist mit Recht zu bezweifeln, dass Schwarzerde, eingelagerte Holzkohle, Holzhäuser, Möbel, Bücher usw. als Kohlenstoffspeicher ausreichen werden. Daher brauchen wir auch Calera-Zement und wahrscheinlich auch die CO2-Sequestrierung durch Verflüssigung.
Es gäbe also noch einen gewaltigen Forschungsbedarf. Die Forschung dazu muss nicht nur in Deutschland geschehen. In China ist man mit CCS befasst und in den USA. Die Technik wird zur Verfügung stehen, auch wenn wir sie in China kaufen müssen.