Bevölkerungsforscher haben den 31. Oktober als den Tag definiert, an dem der siebenmilliardste Mensch geboren wird. In der Tat, die hohe Weltbevölkerung stellt die Menschheit vor Probleme, aber die Ursachen dieser Probleme sind nicht nur in der bloßen Zahl der Menschen zu sehen, sondern vor allem in der Art und Weise wie die Menschen der globalen Konsumentenklasse leben, denn der "westliche" Lebensstil verursacht sehr viel mehr globalen Schaden, als ein Kind, welches z.B. in einem Slum in Äthiopien geboren wird.

Menschenskinder - was habt ihr für eine Zukunft? (Foto: Udo Schuldt)
Ein Auto richtet viel größere Umweltzerstörungen an, wie dieses Kind, Z.B. bei der Rohstoffbeschaffung, bei der Herstellung, im Gebrauch und nach der Verschrottung. Aber während die Weltbevölkerung von 2008 auf 2009 nur um etwa 1,1% zunahm, stieg die Anzahl der Autos weltweit mehr als doppelt so schnell, nämlich um 2,5%.
Die meisten Menschen leben immer noch ohne Auto, gerade in der sogenannten "3. Welt". Es gibt wahrscheinlich in Deutschland mehr Autos wie auf dem ganzen afrikanischen Kontinent. Aber sie eifern unserem Vorbild nach. China ist bereits stark motorisiert, Indien folgt. Ohne das im Einzelnen weiter zu untersuchen, wird man ähnliche Zahlen auch für Flugreisen, Handys, Fernseher, Computer und andere Konsumgüter feststellen. Der Konsum ist so groß, dass die Kapazität der Erde, diesen Konsum zu befriedigen, überschritten ist.
Die Unterschiede der Schadwirkungen, der Menschen in den verschiedenen Ländern, machen auch die unterschiedlichen CO2-Emssionen pro Kopf deutlich. So erzeugt ein US-Amerikaner etwa zwanzigmal so viel CO2 wie ein Inder - jeweils im landesweiten Durchschnitt. Anders ausgedrückt, ein Inder müsste etwa 20 Kinder haben, damit diese im Erwachsenen-Alter genauso viele CO2-Emissionen verursachen wie ein US-"Kind", wenn es erwachsen ist. Noch anders ausgedrückt: Die Erde könnte etwa 30 Milliarden Menschen tragen, wenn diese einen bescheidenen Lebensstandard haben, welcher Grundbedürfnisse, aber keine Luxusbedürfnisse erfüllt, aber nur 500 Millionen welche leben wie Durchschnitts-US-Bürger.
Die Menschheit verändert die Erde in einem nie gekannten Maße. Im Jahr 2010 betrug der Anstieg der CO2-Emissionen 5%, dass ist mehr als die Reduktionverpflichtung aus dem Kyoto-Protokoll für alle Vertragsstaaten. Allein in Deutschland verschwindet pro Tag die Fläche von 170 Fussballfeldern unter Asphalt oder Beton. Weltweit werden jedes Jahr Waldflächen vernichtet, die größer sind als die Staatsflächen von Irland und Belgien zusammen. Gleichzeitig trägt die Zerstörung zur Ausrottung von vielen Tier- und Pflanzenarten bei, deren derzeitige Aussterberate liegt zwischen 3 und 130 Arten pro Tag, schreibt Wikipedia. Am Ende beraubt der Mensch sich auch seiner eigenen Lebensgrundlagen und gefährdet das Überleben von Milliarden Menschen und letztlich sogar das seiner Art.
Um ihren Lebensstil aufrecht zu erhalten beansprucht die internationale Konsumentenklasse zusätzliche Flächen in armen Ländern, indem diese für die Agrosprit-Produktion, Baumwolle, Fleischproduktion oder andere Cash-Crops verwendet werden. Das Maß des Ökologischen Fussabdrucks beschreibt auch diese Zerstörung sehr nüchtern und emotionslos: "Unter dem Ökologischen Fußabdruck wird die Fläche auf der Erde verstanden, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard eines Menschen (unter Fortführung heutiger Produktionsbedingungen) dauerhaft zu ermöglichen. Das schließt Flächen ein, die zur Produktion seiner Kleidung und Nahrung oder zur Bereitstellung von Energie, aber z. B. auch zum Abbau des von ihm erzeugten Mülls oder zum Binden des durch seine Aktivitäten freigesetzten Kohlendioxids benötigt werden." 1) Der ökologische Fussabdruck der Menschheit ist aber um 21% größer als die zur Verfügung stehenden Flächen. D.h. bereits im September wurde die Kapazität der Erde überschritten und seitdem lebt die Menschheit auf Pump. 2)
Aber nicht nur global, zwischen Industrie- und sogenannten Entwicklungsländern, sondern auch innerhalb der Großverbraucherländer ist der Anteil am Naturverbrauch sehr unterschiedlich. Es gibt Menschen die leisten sich wenig Konsum und andere die sehr konsumorientiert sind. Ein Ländervergleich ist deshalb in dieser Hinsicht gar nicht so sinnvoll, weil er nichts darüber aussagt, welche Schichten besonders großen Anteil an der Zerstörung der Natur haben, denn ein Angehöriger der schmalen äthiopischen Konsumentenklasse kann sich ebenso schädlich verhalten wie jemand der in den USA lebt.
1,7 Milliarden Menschen umfasst diese internationale Konsumentenklasse, schreibt das Worldwatch- Institute in einem seiner letzten Berichte. Als Menschen mit einem Jahreseinkommen über 7000 US-Dollar, gehören neben 243 Millionen US-Bürgern, 122 Millionen Japanern und 76 Millionen Deutschen bereits 240 Millionen Chinesen und 122 Millionen Inder zu dieser neuen Art von Gesellschaftsschicht.
Dabei handeld es sich bei deren Angehörigen vor allem um gebildete Menschen, d.h. Umweltzerstörung und Erderwärmung werden durchaus wahrgenommen. Das Wuppertal-Institut schreibt im Bericht "Zukunftsfähiges Deutschland": "Nachdem die kollektive Verdrängung vorüber ist, scheint aber nun kollektive Schizophrenie um sich zu greifen. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass eine zweideutige Zeit bevorsteht, ausgerüstet mit Wissen, doch untüchtig zum Handeln." Es sei einerseits die Einsicht auch auf Seiten der Politik und besonders der europäischen Politik gewachsen, andererseits geht aber vieles weiter seinen gewohnten Gang. Steigender Flugverkehr, neue Kohlekraftwerke, Heizpilze vor Restaurants..., aber unter den Heizpilzen würden Biolebensmittel serviert und Billigflieger böten Öko-Ferien an. "Im Überbau sind alle - von Bild ("Wer rettet die Pinguine?") bis zur Kanzlerin - Fürsprecher eines konsequenten Klimaschutzes, im Unterbau der materiellen Verhältnisse jedoch geht die Expansion der Energieansprüche weiter." Die Schizophrenie der Konsumentenklasse besteht auch darin, dass sie über die Bevölkerungszunahme in der "3. Welt" jammert, aber gegenüber dem Wachstum des eigenen Konsums und der Energieansprüche, die ja viel bedeutender für die Umweltzerstörung sind, blind ist.
Das Bevölkerungswachstum stellt aber auch die armen Länder vor gewaltige Probleme. Deshalb ist dieser Text auch kein Plädoyer gegen Familienplanung, denn selbst wenn die meisten in Äthiopien geborenen Kinder nicht annähernd den Anteil an der globalen Umweltzerstörung haben, wie die Angehörigen der internationalen Konsumentenklasse, verursachen die vielen jungen Menschen, in der gesamten "3. Welt", doch lokale Probleme, etwa bei der Bereitstellung von ausreichend Bildungseinrichtungen oder von Erwerbsarbeitsplätzen. Viele schwache Ökonomien sind von der Zahl der jungen Menschen überfordert. Auch die Umwelt leidet - der Bedarf an Brennholz kann beispielsweise dazu führen, dass Bäume und Vegatation in der Umgebung der Siedlungen dafür beseitigt wird. Ein anderes Beispiel ist die Entsorgung von Abfällen und darunter insbesondere der nicht verrottbare Plastikmüll, der sich in der Umgebung armer Wohngebiete und in Flüssen ansammelt.
Sinn dieses Textes ist es aber die Verhältnisse zurechtzurücken. Natürlich muss das Bevölkerungswachstum begrenzt werden, aber vor allen Dingen ist es notwendig den Verbrauch, die Emissionen und den Müll zu reduzieren. Dazu trägt vorrangig die internationale Konsumentenklasse bei. Es ist wohl nicht völlig daneben, wenn diejenigen, welche diesen Text lesen (und schreiben), sich zuerst an die eigene Nase fassen und schauen, was sie ändern können, denn wer über einen Computer verfügt ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch Konsument.
Jeder Mensch hat ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben und kein Kind sollte in einem Slum geboren werden. Die "3.Welt" - auch die "3. Welt" in den sogenannten entwickelten Ländern (in Deutschland z.B. Hartz 4-Empfänger) - hat also das Recht auf einen größeren Anteil am Konsum. Darum muss die internationale Konsumentenklasse in ihrem Verbrauch begrenzt werden, denn das wird wahrscheinlich nicht freiwillig geschehen. Ein Mittel dazu wäre eine neuartige Mehrwertsteuer, aber auch das Verbot und die Einschränkung beim Gebrauch besonders schädlicher Produkte - wie Autos.
1) http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96kologischer_Fu%C3%9Fabdruck
2)http://www.taz.de/!78867/